Für eine nachhaltige Energiewende ist Wasserstoff nach derzeitigem Kenntnisstand unverzichtbar, aber der Einsatz im industriellen Ausmaß steckt noch in den Kinderschuhen. Zu dieser Erkenntnis sind kürzlich auch die Minister und Senatoren der vier Küstenländer aus Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Niedersachsen gekommen. “Die Investitionen in Umschlagseinrichtungen und Pipelines für gasförmige Energieträger und regenerativ erzeugten Wasserstoff müssten jetzt erfolgen, wenn man nicht zusehen will, wie in anderen Ländern, z.B. den Niederlanden, das Geschäft gemacht wird.“
Um den deutschen Kohle- und Atomausstieg zu überbrücken – beide zusammen machen derzeit noch rund 40% der Stromerzeugung aus – wird Erdgas unter Fachleuten immer noch als die beste Übergangslösung gesehen. Da bietet sich besonders Flüssiggas (LNG = liquefied natural gas) an. Diese Experten schätzen, dass 2040 bis zu 60% des weltweit gehandelten Erdgases in Form von LNG verteilt werden.
Auch in Deutschland wird zunehmend auf LNG gesetzt. Im Koalitionsvertrag haben sich CDU, CSU und SPD zum Ausbau einer entsprechenden Infrastruktur bekannt, mit dem Ziel, “Deutschland zum Standort für LNG-Infrastruktur“ zu machen. Derzeit bezieht die Bundesrepublik rund die Hälfte seines Erdgases aus Russland, der Rest gliedert sich auf Norwegen (31%) und die Niederlande (22%) Da die Niederlande ihre Förderung bis 2030 einstellen wollen, wird Deutschland auf andere Importquellen zurückgreifen müssen.
Es gibt z.Zt. 28 in der Regel gut ausgelastete LNG-Terminals in Europa! Keines davon in Deutschland. Deshalb werden an drei Standorten die Planungen für LNG-Terminals vorangetrieben. Brunsbüttel, Stade und Wilhelmshaven sind in einen Wettbewerb getreten.
Eine von der Wilhelmshavener Hafenwirtschafts-Vereinigung e.V. (WHV e.V.) zusammen mit weiteren beteiligten Akteuren in Auftrag gegebenen LNG-Potentialstudie vom Oktober 2017 (sh. auch WHV e.V.-homepage) belegt ebenfalls die wachsende Bedeutung von LNG für den Energiemarkt, sowohl als Importalternative für die nationale Gasversorgungssicherheit und -diversität als auch als Treibstoff für den Schiffs-und Schwerlastverkehr.
Um künftige Versorgungslücken zu schließen und die energie- und geopolitischen Abhängigkeiten, vor allem von Russland, nicht in kritischem Maße zu steigern (unsichere North Stream 2) empfiehlt die Potentialstudie den Bau mindestens eines LNG-Terminals in Deutschland.
Neutral wurden die drei infrage kommenden Standorte fachmännisch analysiert. Allein die nautischen Voraussetzungen sprechen eindeutig für ein LNG-Terminal in dem einzigen deutschen Tiefwasserhafen Wilhelmshaven.
Wilhelmshaven hat ein Fahrwasser von 18 m Tiefe und 700 m Breite bei einer kurzen Revierfahrt von 23 Seemeilen (SM). Der Wendebereich frei vom Fahrwasser beträgt ca. 700 m, die Entfernung vom Terminal zum Fahrwasser ca. 800 m; keine Gezeitenbeschränkung für Schiffsgrößen bis Q-Max (345m Länge); Pipelinetrasse zum Gasnetz und großen Kavernenkapazitäten in 22 km Entfernung.
Brunsbüttel hat ein Fahrwasser von 13,5 m Tiefe und 350 m Breite bei einer Revierfahrt von 52 SM; der Wendebereich befindet sich im Fahrwasser; Entfernung vom Terminal zum Fahrwasser ca. 500 m; bei Ein- und Auslaufen Gezeitenbeschränkungen für Q-Max Schiffsgrößen (345m); Entfernung zum nächsten Gasnetz ca. 70 km; Kavernenkapazitäten sind nicht vorhanden.
Stade hat ein Fahrwasser von 13,5 m Tiefe und 300m Breite bei einer Revierfahrt von ca. 80 SM; das Anlaufen und Wenden unterliegt starken Einschränkungen für Q-MAX Schiffe durch Gezeiten sowie die erheblichen Schiffsverkehre von und nach Hamburg; der Wendebereich befindet sich im Fahrwasser; die Entfernung vom Terminal zum Fahrwasser beträgt ca. 150 m; geringe Kavernenkapazitäten stehen zur Verfügung.
Auch haben nach dem momentanen Rückzug der Uniper-Tochtergesellschaft LTeW zwei Investoren die Absicht in Wilhelmshaven je ein LNG-Terminal zu realisieren, über die auch synthetisches CH4 und zu gegebener Zeit mit entsprechenden Anpassungen Wasserstoff umgeschlagen werden kann.
Um die Voraussetzungen für die Realisierung von LNG-Importterminals in Niedersachsen und einer Distributionsinfrastruktur entlang der Küsten zu schaffen, werden z.Zt. nachfolgend zu der Potenzialstudie entsprechende Analysen und Untersuchungen angestellt, bis hin zur Vorbereitung für die Gründung einer Terminal-Realisierungsgesellschaft.
„Voraussetzung für die effektive Umsetzung all dieser Bemühungen ist jedoch, dass die politischen Entscheidungsträger im Land und Bund sowie in der EU sich schnellstmöglich überzeugend für die Realisierung eines oder auch mehrerer Multi-Purpose-Terminals in Wilhelmshaven für den Umschlag von LNG, grünem synthetischen CH4, Wasserstoff, CO2 und weiteren flüssigen/gasförmigen Energieträgern einsetzen“, sagt John H. Niemann, Präsident der WHV e.V..