Die Energiewende braucht gute Nachbarn

Deutsche Energy Terminal GmbH: Dirk P. Lindgens baut auf kreative Kommunikation, kommunale Kooperation und konstruktive Konstellationen.

Nomen est omen: „Nebenan.“ So heißt das neue Nachbarschaftsmagazin der „Deutsche Energy Terminal GmbH“ (DET). Der Name ist hier buchstäblich Programm. Vor wenigen Wochen ist die erste Ausgabe in Wilhelmshaven und Hooksiel verteilt worden.

Eine Öffentlichkeitsarbeit, die mit ihrer Transparenz begeistert und gleichzeitig überrascht. Immerhin handelt es sich bei der DET um eine 100-prozentige Tochter des Bundes. Doch von Bürokratie, Behäbigkeit und einer gewissen Bewegungsunwilligkeit, die man sonst gerne mit staatlichen Einrichtungen in Verbindung bringt, ist hier nichts zu spüren.

Die erst knapp zwei Jahre alte Bundesgesellschaft nimmt das Wort „Energy“ in ihrem Namen durchaus wörtlich. Als zentraler Ansprechpartner und Betreiber der LNG-Terminals des Bundes arbeitet sie energieladen an ihren Kernthemen: Versorgungssicherheit, Transformation der Energieversorgung und Wirtschaftlichkeit. Ende 2022 hat die Bundesregierung das erste deutsche LNG-Terminal in Wilhelmshaven an den Start gebracht, das die DET nun betreibt. In wenigen Wochen folgt mit Wilhelmshaven 2 die Fortsetzung.

Beides sind und waren Mammutaufgaben, die das mittlerweile 20-köpfige Team mit neuen Ideen, kurzen Dienstwegen und vor allem mit einer solchen Begeisterung realisiert, dass die Energiewende plötzlich spannend und nicht länger besorgniserregend ist. „Die kürzeste Verbindung zwischen den Menschen ist das persönliche Gespräch. Dabei kann man alles klären. So wie es bei Nachbarn über den Gartenzaun gehandhabt wird“, findet Dirk P. Lindgens.

Die WHV e.V. hat den Leiter der Kommunikation Ende Oktober an der DET-Infobox auf dem Wilhelmshavener Valoisplatz besucht. Das anschließende Interview fand übrigens einen Tag später beim Frühstück in Jever statt. Wo immer er kann, stellt der 52-Jährige die Verbindung zwischen der Jadestadt und Friesland her. Ganz im Sinne guter Nachbarschaft.

Moin Herr Lindgens. Auch wenn Sie lieber Kaffee mit Honig statt Tee mit Kluntje und einem Wölkchen Sahne trinken, gelten Sie als großer Fan unserer Region. Was macht für Sie den besonderen Charme unserer Heimat aus?

Da ich gestern in Wilhelmshaven gearbeitet habe und heute in Jever bin, fällt es mir besonders leicht dafür eine Erklärung zu finden. Hier treffen sich Vergangenheit und Zukunft. Dadurch wird deutlich, wie gut beide nebeneinander und miteinander existieren können.

Denn Jever steht für eine mehr als eine 480 Jahre alte Tradition mit rosa Schloss und eigenem Bier. Wilhelmshaven ist hingegen im 19. Jahrhundert auf dem Reißbrett in Berlin geplant worden. Seit seiner Gründung 1869 gilt es als moderne Militärbasis und energieaffiner Industriestandort. Ein Leitbild, dem man bis heute treu geblieben ist.

Inwiefern?

Schauen Sie sich zum Beispiel unser LNG-Terminal am Voslapper Groden an. Viel Stahl, viel Technik. Die Industrieanlage war 2022 die erste ihrer Art in Deutschland. Seitdem leistet Wilhelmshaven 1 erfolgreich seinen Beitrag zur Versorgungssicherheit der Bundesrepublik und stabilisiert damit den Übergang in eine klimaneutrale Zukunft.

Und das mit einer schwimmenden Industrieanlage.

Genau. Auf der HÖEGH ESPERANZA, einer sogenannten „Floating Storage and Regasification Unit“ (kurz FSRU), wird das angelieferte LNG in Erdgas umgewandelt. Ein komplizierter Vorgang. Deshalb hat Sicherheit oberste Priorität für uns.

Das gilt nicht nur für die Besatzungen an Bord, sondern ebenso für das Weltnaturerbe Wattenmeer und die Menschen, die hier leben. Unser Nachbarschaftsmagazin trägt nicht umsonst den Titel „Nebenan“. Als DET fühlen wir uns als Teil der Region und interessieren uns sehr für deren Entwicklung.

Das bedeutet, der Standort ist für die DET weit mehr als nur ein Fleckchen Erde, an dem die Energiewende industrialisiert wird.

Definitiv. Deswegen verbinden wir unsere industrielle Tätigkeit mit ständigen Optimierungen und Verbesserungen.

Können Sie mir das bitte etwas genauer erläutern?

Seit Ende letzten Jahres engagieren wir uns beispielsweise bei „DARKER SKY“, einem Bestandteil der „Trilateralen Vision zum dunklen Himmel über dem Wattenmeer“. Durch das Abschalten von mehr als einem Drittel der Beleuchtung scheint die „HÖEGH ESPERANZA“ am LNG-Terminal weniger hell und verursacht jetzt weniger Lichtemissionen. Mit dieser Aktion übernehmen wir als DET sichtbar Verantwortung und hoffen darauf, dass uns weitere Industriebetriebe hier vor Ort folgen werden.

Da ich bekennender Fan der Sterneninsel Spiekeroog bin, macht es mich außerordentlich stolz, dass wir zusammen mit unserem Partnern „Höegh Evi“ und unserem Bewirtschafter, der LTeW (LNG Terminal Wilhelmshaven GmbH), einem Unternehmen der Uniper, einen wertvollen Beitrag zum Schutz der Küstenregion und des Wattenmeers leisten. Für mich persönlich ist „DARKER SKY“ ein weiterer Beleg dafür, wie man unseren Nachbarschaftsgedanken mit Leben füllen kann.

Verraten Sie mir Ihr Rezept?

Es handelt es sich um kein Geheimnis. Man muss einfach miteinander reden. Auf Augenhöhe und ohne erhobenen Zeigefinger. Die Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer und der Fachbereich Umwelt- und Klimaschutz der Stadt Wilhelmshaven haben uns auf dieses Projekt angesprochen und uns dafür begeistert, über eine Minderung unserer Lichtemissionen nachzudenken. Nachdem alle sicherheitsrelevanten und technischen Faktoren überprüft worden sind, haben wir dann umgehend alles in die Wege geleitet.

Mit dem Terminal Wilhelmshaven 2 geht die DET in Sachen Nachbarschaft sogar noch einen Schritt weiter.

Anders als bei unserem ersten Wilhelmshavener Terminal werden wir diesen selbst bewirtschaften. KN Energies wird als unser Dienstleister für den technischen Betriebsablauf sowie für die Instandhaltung der Anlagen zuständig sein. Wie an unseren Standorten Brunsbüttel, Stade und Wilhelmshaven 1 fällt der Bereich Commercial Management ebenfalls in sein Aufgabengebiet.

Wie nehmen eigentlich Einheimische und Gäste die Entwicklung vor der Küste Wilhelmshavens und Frieslands wahr?

An unserer Infobox habe ich diesbezüglich zahlreiche Gespräche geführt und mich sehr gefreut, dass unsere Arbeit auf so großes Interesse und Verständnis stößt. Letzteres basiert auf der berechtigten Forderung der Bevölkerung, dass wir wie bisher alles tun werden, um die Eingriffe ins Ökosystem so umweltverträglich wie möglich zu halten.

Weil ich häufig im Nordwesten Urlaub mache, habe ich mir natürlich auch die jeweiligen Aussichtspunkte angeschaut, von denen aus man unsere Terminals direkt sehen kann. Und ich war dort nie alleine. Sehr viele Menschen interessieren sich für die Energiewirtschaft auf dem Wasser und möchten sich vor Ort ein eigenes Bild machen.

Was bedeutet das für Sie und Ihre Arbeit?

Für das Gelingen der Energiewende müssen wir alle an einem Strang ziehen. Das setzt voraus, dass wir einander vertrauen. Die Menschen, mit denen ich bislang gesprochen habe, wünschen sich von der DET, dass wir Versorgungssicherheit und Lebensqualität in Einklang bringen. Das ist für uns Anspruch und Ansporn zugleich.

Dazu gehört für mich neben der Inbetriebnahme unseres zweiten Terminals im Winter, dass wir weiterhin im ständigen Austausch mit unseren Mitbürgern bleiben. Ihre Anliegen sind uns wichtig. Sie sollen sich von uns stets wertschätzend behandelt fühlen. Nur so funktioniert eine gute Nachbarschaft.

 

FOTO: DET