Umschlagsvolumen im Seegüterverkehr steigt im schwierigen Marktumfeld um zehn Prozent

Die niedersächsischen Seehäfen konnten 2024 ihr Umschlagsergebnis im Seeverkehr um zehn Prozent auf 55,5 Millionen steigern (50,6 Millionen Tonnen in 2023). Damit haben sie dem Trend einer rückläufigen Wirtschaftsentwicklung in Deutschland und schwierigen geopolitischen Rahmenbedingungen getrotzt. Wachstumspotenziale bestehen künftig durch die Energiewende sowie in der Projektlogistik und beim Containerumschlag. Die Folgen möglicher Handelskonflikte sind aber schwer abzuschätzen und die strukturellen Herausforderungen der deutschen Wirtschaft betreffen die Seehäfen gleichermaßen. Investitionen der Hafenwirtschaft zeigen allerdings, dass man weiterhin optimistisch in die Zukunft blickt.

Das Portfolio an Umschlagsgütern in den niedersächsischen Seehäfen Brake, Cuxhaven, Emden, Leer, Nordenham, Oldenburg, Papenburg, Stade und Wilhelmshaven ist traditionell breit gefächert, doch ist es erneut der Massengüterumschlag, der den größten Anteil in der Seeverkehrsstatistik ausmacht: Mit einem Umschlagsvolumen von über 41,4 Millionen Tonnen an flüssigen und festen Massengütern konnte das Ergebnis in diesem Ladungssegment gegenüber dem Vorjahr um 9 % verbessert werden (ca. 38 Millionen Tonnen in 2023).

Den größten Anteil mit 29,1 Millionen Tonnen trägt hierzu der Umschlag von Flüssiggütern, also Produkten wie z.B. Rohöl, Flüssigkreide und Chemikalien, bei. Bei den rund 12,3 Millionen Tonnen an festen Massengütern handelt es sich z.B. um Agrarprodukte, Baustoffe, Erze und Kohle.

Auch der seeseitige Umschlag von Stückgütern konnte gesteigert werden und liegt mit 14,1 Millionen Tonnen um 9 % über dem Vorjahresergebnis (12,9 Millionen Tonnen in 2023). Neben massenhaften Stückgütern wie z.B. Zellstoff, vorwiegend als Importladung, und Stahlprodukten, insbesondere im Export, zählen zu den Stückgütern z.B. auch Projektladungen und Windenergiekomponenten. Der Containerumschlag in den niedersächsischen Seehäfen findet maßgeblich am EUROGATE Container Terminal Wilhelmshaven statt, wo das Volumen im Jahr 2024 auf 843.452 TEU stieg (530.954 TEU in 2023). Beim Automobilumschlag in den Standorten Cuxhaven, Emden und Wilhelmshaven konnte mit insgesamt rund 1,65 Millionen Fahrzeugen im vergangenen Jahr ein weitgehend konstantes Ergebnis erreicht werden (1,66 Millionen Fahrzeuge in 2023).

„Mit dem Umschlagsplus von 10 % im vergangenen Jahr sind wir in Niedersachsen angesichts der schwierigen wirtschaftlichen und geopolitischen Rahmenbedingungen sehr zufrieden“, kommentierte Inke Onnen-Lübben, Geschäftsführerin der Seaports of Niedersachsen GmbH, die Umschlagsergebnisse im Rahmen der heutigen Jahrespressekonferenz der niedersächsischen Seehäfen. Wie sich Krisen und Handelskonflikte in der Welt auf die künftige Entwicklung der Häfen auswirken, sei allerdings kaum abzuschätzen, sich verändernde Marktstrukturen könnten sowohl Chancen als auch Risiken mit sich bringen. „Für die kommenden Jahre erwarten wir im Zuge des Ausbaus der Erneuerbaren Energien gute Geschäfte für unsere Seehäfen, z.B. beim Umschlag von Komponenten für die Windenergiebranche. Auch im Projektgeschäft gibt es interessante Potentiale. Der Containerumschlag in Wilhelmshaven dürfte durch den Start der Gemini-Kooperation im Februar weiteren Aufwind erfahren“, so Onnen-Lübben weiter. Die Hafenbetriebe in Niedersachsen seien weiterhin optimistisch, was sich auch an verschiedenen Investitionen, z.B. in neue Krankapazitäten, Lagerhallen oder Logistikflächen, festmachen lasse. Zugleich aber seien die Seehäfen, wie auch ihre Kunden in der verladenden Wirtschaft, nicht nur mit geopolitischen, sondern auch mit strukturellen Herausforderungen konfrontiert. „Hier heißt es momentan, maximal flexibel zu agieren und den Kunden trotz erschwerter Planbarkeit gute Lösungen zu bieten.“ Grundsätzlich seien die Häfen ein Spiegelbild der wirtschaftlichen Entwicklung: „Wir sind ebenso wie unsere Kunden abhängig von wettbewerbsfähigen Energiekosten, funktionierenden Verkehrsinfrastrukturen und wir brauchen den Abbau von Bürokratie, um uns im internationalen Wettbewerb zu behaupten und den Hafenstandort Niedersachsen für Kunden attraktiv zu halten“, fasste Onnen-Lübben die Lage der niedersächsischen Seehäfen zusammen.

Die Umschlagsergebnisse der niedersächsischen Seehäfen im Einzelnen:

Brake

In Brake wurden im Seeverkehr insgesamt rund 5,4 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen (6,1 Millionen Tonnen in 2023). Stark beeinflusst wurden die Ergebnisse hier durch die Sperrungen der Huntebrücke, nachdem diese im vergangenen Jahr gleich zweimal durch Schiffskollisionen beschädigt worden und der Hafen dadurch von Bahnverkehren abgeschnitten war. Für den Braker Hafen hatte dies für alle Ladungsbereiche negative Auswirkungen, da die Exportware hier hauptsächlich über die Schiene angeliefert wird. Das seeseitige Umschlagsvolumen von Getreide und Futtermitteln bewegt sich mit rund 3 Millionen Tonnen auf Vorjahresniveau, der Ukraine-Krieg beeinflusst die Logistikketten im Agrarsektor aber weiterhin, indem die Ware vielfach auch per Bahn statt per Schiff gefahren wird. Beim Umschlag von Zellstoff ergibt sich mit 868.146 Tonnen in 2024 ein leichtes Plus von 1 % im Vergleich zum Vorjahr. Aufgrund der sehr hohen Energiekosten der Zellstoffindustrie sind die Umschlagsvolumen im Vergleich zu früheren Jahren aber weiterhin rückläufig. Für 2025 sieht der Braker Hafen große Potenziale im Bereich der Projektlogistik sowie der Erneuerbaren Energien. Zur weiteren Prozessoptimierung in der Hafenlogistik wurde im letzten Jahr ein neuer Hafenportalkran in Betrieb genommen.

Cuxhaven

Am Standort Cuxhaven wurden 2024 rund 2,5 Millionen Tonnen im Seegüterumschlag registriert, was einem Zuwachs von 4 % gegenüber 2,4 Millionen Tonnen im Vorjahr entspricht. Dies ergibt sich einerseits aus einem vermehrten Umschlag von Baustoffen, zum anderen aus dem konstant hohen Volumen beim Umschlag von Neufahrzeugen sowie Komponenten für die Windenergie-Branche. Hatte Cuxhaven beim Automobilumschlag bislang eine größere Rolle als Exporthafen gespielt, konnte der Anteil der Importfahrzeuge durch Anlieferungen z.B. aus der Türkei und den USA im vergangenen Jahr deutlich gesteigert werden. Von den insgesamt 337.100 Autos, die in Cuxhaven umgeschlagen worden sind, waren etwa ein Drittel dem Importvolumen zuzurechnen. Bedeutsam ist dies, weil somit auch vermehrt paarige Verkehre entwickelt werden, die den Hafen für Verlader insgesamt interessanter machen. Für das laufende Jahr rechnet der Standort an der Elbe mit weiterhin stabilen Volumen im PKW-Umschlag, wobei die Entwicklung im US-Markt unklar ist. Beim seewärtigen Umschlag von Komponenten der Windenergie-Branche konnte mit 272.784 Tonnen in 2024 ein Plus von 13 % (242.052 Tonnen in 2023) erreicht werden.

Emden

Der Emder Hafen konnte den seeseitigen Umschlag im Jahr 2024 weiter ausbauen und liegt mit über 4,5 Millionen Tonnen um 3 % über dem Vorjahresergebnis (rund 4,4 Millionen Tonnen in 2023). Beigetragen hat hierzu vor allem der Umschlag von festen und flüssigen Massengütern, z.B. durch den Import von Flüssigkreide und Baustoffen. Stabil zeigte sich der Stückgutumschlag mit einem seeseitigen Volumen von rund 2,7 Millionen Tonnen, wobei hier insbesondere das Handling von Zellstoff für die Papierindustrie sowie der Umschlag von Windenergiekomponenten zum Ergebnis beitrugen. Mit rund 1,24 Millionen umgeschlagenen Neufahrzeugen behauptet Emden sich weiterhin unter den Top 3 der europäischen Automobilhäfen (1,29 Millionen im Jahr 2023). Die Perspektiven des Emder Hafens sind weiterhin positiv: Als Versorgungshafen der (Offshore-)Windenergie-Industrie wird der Standort immer wichtiger und auch als Logistikdrehscheibe für Autos und Zellstoff ist der Emder Hafen fest am Markt etabliert.

Leer

Der Hafen Leer verbessert sein Ergebnis im Seeverkehr im Jahr 2024 auf 16.166 Tonnen (9.301 Tonnen in 2024), was sich insbesondere aus gestiegenen Importvolumen von Steinen zur Produktion von Zierkies am Standort Leer ergibt. Insgesamt wurden per See- und Binnenschiff 213.090 Tonnen Güter (+ 14 % / 186.000 Tonnen in 2023) im Leeraner Hafen umgeschlagen, darunter vor allem Massengüter wie Baustoffe und Torf, aber auch Stahlplatten aus Dillingen für ein regionales Produktionsunternehmen im Bereich Kesselbau.

Nordenham

In Nordenham konnte der seeseitige Stückgutumschlag im vergangenen Jahr um 37 % auf 397.024 Tonnen gesteigert werden (289.196 Tonnen in 2023), hierbei handelte es sich vor allem um Komponenten zum Ausbau der Erneuerbaren Energien. Im Gesamtergebnis sinkt der Seegüterumschlag jedoch um ein Viertel gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf rund 1,7 Millionen Tonnen (2,3 Millionen Tonnen in 2023). Ursächlich sind die weiter abnehmenden Mengen beim Kohleumschlag, bedingt durch die Stilllegung zweier bislang über den Hafen Nordenham belieferten Kraftwerke. Rückläufig war auch das seeseitige Umschlagsvolumen an Mineralölprodukten, das aus der Verlagerung von Verkehren aufgrund der defekten Bahnbrücke über die Hunte resultiert. Für die Zukunft stellt sich der Standort Nordenham weiter für den Umschlag im Bereich der Erneuerbaren Energien auf, was sich aktuell bereits in laufenden Umschlagsgeschäften mit Seekabeln widerspiegelt. Hierzu passend wurde bereits im Dezember letzten Jahres ein neuer Hafenmobilkran angeschafft, der die operativen Prozesse deutlich optimiert.

Oldenburg

Der Oldenburger Hafen ist aufgrund des Schadens an der Huntebrücke bei Elsfleth seit Februar 2024 nicht mehr für Seeschiffe erreichbar. In der Seeverkehrsstatistik konnten demnach nur noch 24.262 Tonnen an Importen von Futtermitteln und Baustoffen verzeichnet werden. Dabei hatte der Seehafen an der Hunte durch die Inbetriebnahme der neuen Wendestelle für größere Seeschiffe gerade erst deutlich an Attraktivität gewonnen und hieraus neue Geschäfte entwickelt, was sich 2023 noch in einem deutlich gewachsenen Seeverkehrsvolumen von 141.756 Tonnen gezeigt hatte. Durch Verkehrsverlagerungen aufs Binnenschiff und die Bahn sowie eine enge Zusammenarbeit der Hafenwirtschaft konnten die Umschlagsmengen des Hafens konstant bei insgesamt 1,1 Millionen Tonnen gehalten und vor allem die Versorgung der ansässigen Produktionsbetriebe sichergestellt werden. Die Oldenburger Hafenwirtschaft setzt darauf, dass die Huntebrücke bei Elsfleth bis Anfang 2028 wieder instandgesetzt sein wird.

Papenburg

In Papenburg konnte der Seegüterumschlag mit 541.043 Tonnen um knapp 2 % gegenüber dem Vorjahr gesteigert werden. Hierzu beigetragen haben u.a. vermehrte Stahlimporte sowie der Umschlag von Schiffs- und Maschinenteilen sowie Bauteilen für Umspannplattformen. Der Import von Torf per Seeschiff bleibt mit über 300.000 Tonnen das Hauptgeschäftsfeld des Standorts. Für das laufende Jahr rechnet man in Papenburg mit weiteren Exporten von Projektladungen im Bereich Schiffs- und Anlagenbau, zudem geht man von konstanten Mengen im Bereich des Massengutumschlags, z.B. von Holzhackschnitzeln und Baustoffen, aus.

Stade

Das seeseitige Umschlagsvolumen in Stade ist im vergangenen Jahr um 45 % auf rund 5,5 Millionen Tonnen deutlich angewachsen (ca. 3,8 Millionen Tonnen in 2023). Durch Produktionssteigerungen eines ansässigen Industriebetriebs bewegt sich der Import von Erzen mit rund 2,4 Millionen Tonnen wieder deutlich im Plus (982.138 Tonnen in 2023). Hieraus resultierend stieg auch der Versand von Aluminiumoxid, dem in Stade produzierten Ausgangsstoff für Aluminium, auf 541.877 Tonnen im Jahr 2024. Der Umschlag von am Standort verarbeiteten chemischen Erzeugnissen liegt mit rund 1,7 Millionen Tonnen auf Vorjahresniveau. Beide großen Produktionsbetriebe am Standort Stade sind aufgrund ihrer energieintensiven Prozesse auf wettbewerbsfähige Erdgaspreise angewiesen, um auch künftig wirtschaftlich arbeiten zu können. Dies ist nicht nur für die Region Stade in Bezug auf die mehr als 1.500 Arbeitsplätze bedeutsam, sondern auch für den Standort Deutschland, um Abhängigkeiten bei der Aluminium- und Chemieproduktion zu vermeiden. Perspektivisch ergeben sich für den Seehafen Stade weitere Potenziale zur Steigerung des Umschlags durch verschiedene Zukunftsprojekte im Bereich der Energiewirtschaft, die momentan am Standort diskutiert werden.

Wilhelmshaven

Mit 35,3 Millionen Tonnen konnte in Wilhelmshaven das Umschlagsergebnis im Jahr 2024 um 13 % gesteigert werden (31,3 Millionen Tonnen in 2023). Wesentlichen Anteil hieran hat der Umschlag von flüssigen Massengütern mit rund 25,6 Millionen Tonnen (+ 8 % / 23,6 Millionen Tonnen in 2023). Auch bei den festen Massengütern, wie z.B. Baustoffen und Kohle, gab es ein Plus von 13 % auf rund 2,6 Millionen Tonnen. Der Stückgutbereich wuchs auf 7,1 Millionen Tonnen Umschlagsvolumen (+ 33 % / 5,3 Millionen Tonnen in 2023), in erster Linie getragen von gestiegenen Volumen an Containern und Fahrzeugen. So wurden im letzten Jahr an der Jade 843.452 TEU umgeschlagen, was einem Plus von 59 % entspricht. Im Rahmen der neuen Gemini-Kooperation der Reedereien Hapag-Lloyd und Maersk und einem erweiterten Angebot an Liniendiensten sind für das laufende Jahr weiterhin steigende Umschläge im Containerbereich zu erwarten. Die Importmengen im noch jungen Geschäftsfeld Automobilumschlag konnten gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt werden auf über 74.000 Fahrzeuge im Jahr 2024. Auch in Wilhelmshaven gibt es umfangreiche Investitionen in Umschlagseinrichtungen durch die private Hafenwirtschaft.

Über Seaports of Niedersachsen: Die Seaports of Niedersachsen GmbH (Seaports) repräsentiert die neun niedersächsischen Seehäfen mit ihren zahlreichen Hafenumschlagsunternehmen, überregional aktiven Logistiknetzwerken und Spezialisten für Logistikdienstleistungen aller Art. Als Hafenmarketinggesellschaft kommuniziert Seaports die vielfältigen Leistungen der niedersächsischen Seehafenstandorte auf dem Weltmarkt und schafft Plattformen für die Vernetzung der Hafenwirtschaft mit ihren Kunden, um sich erfolgreich im internationalen Wettbewerb zu positionieren.

Bildunterschrift: Zogen in einer gemeinsamen Pressekonferenz Bilanz für 2024 (von links): Olaf Lies, Niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Verkehr Bauen und Digitalisierung, Inke Onnen-Lübben, Geschäftsführerin der Seaports of Niedersachsen GmbH, und NPorts-Geschäftsführer Holger Banik. (Bild: Andreas Burmann/NPorts)